Sie liebäugeln mit der Anschaffung eines Tiny Houses? Ein Minihaus auf kleiner Fläche oder mobil, das alles bietet, was man zum Wohnen braucht? Tiny Houses erfreuen sich zunehmender Beliebtheit als alternative Wohnform: Sie versprechen Flexibilität, Nachhaltigkeit und ein minimalistisches Lebensgefühl. Doch wer vom kleinen Eigenheim träumt, steht vor zahlreichen baurechtlichen Hürden. In diesem Ratgeber erfahren Sie, welche Voraussetzungen für eine Baugenehmigung erfüllt werden müssen und welche weiteren Vorschriften beim Aufstellen eines Tiny Houses zu beachten sind.
Inhalt:
- Die Tiny House Bewegung: Minimalismus im Trend
- Was ist ein Tiny House im Sinne des Baurechts?
- Das mobile Tiny House braucht eine straßenverkehrstechnische Zulassung
- Rechtlich relevant: Wie wird das Tiny House genutzt?
- Dauerhaft wohnen im Tinyhaus? Es ist kompliziert…
- Einfacher: Tiny House als Gartenhaus und auf dem Campingplatz
- Fazit zum Tiny House in Deutschland: Baubehörde kontakten!
- Baugenehmigungen für Tiny Houses in Österreich
- Baugenehmigungen für Tiny Houses in der Schweiz
Die Tiny House Bewegung: Minimalismus im Trend
Die Tiny House Bewegung entstand in den späten 1990er Jahren in den USA als Gegenentwurf zum traditionellen Wohnen. Der Architekt Jay Shafer popularisierte das Konzept von kleinen, mobilen Häusern, die als Wohnmobile galten und somit bestimmten Bauvorschriften entgingen. Nach der Immobilienkrise 2008 gewann diese Bewegung an Fahrt, da sie eine kostengünstige und flexible Wohnalternative bot.
Heute sind Tiny Houses (deutsch: winzige Häuser) weltweit verbreitet, nicht nur auf Rädern, sondern auch als stationäre Mikrohäuser. In Europa, Australien und Neuseeland haben sie sich zu einer nachhaltigen Wohnform entwickelt, die weniger materiellen Besitz und geringeren Energieverbrauch fördert.
In Deutschland gestaltet sich die rechtliche Einordnung von Tiny Houses komplex. Mobile Varianten unterliegen bei dauerhafter Nutzung (!) den gleichen baurechtlichen Anforderungen wie konventionelle Wohngebäude. Immerhin: Einige Kommunen experimentieren bereits mit speziellen Tiny-House-Siedlungen oder angepassten Bebauungsplänen. Gleichzeitig entwickelt sich mit den Gartenhäusern im Tiny-House-Stil eine pragmatische Zwischenlösung, die den Geist der Bewegung aufgreift, ohne in Konflikt mit dem deutschen Baurecht zu geraten.
Was ist ein Tiny House im Sinne des Baurechts?
Ein spezielles, bundesweit gültiges Baurecht für Tiny Houses gibt es nicht, ebensowenig wie eine allgemeingültige Definition. Die baurechtliche Beurteilung eines Tiny Houses hängt maßgeblich von seiner Bauweise, dem geplanten Standort und der beabsichtigten Nutzung ab. Diese Faktoren bestimmen, welche gesetzlichen Vorschriften zur Anwendung kommen.
Grundsätzlich wird zwischen stationären und mobilen Tiny Houses unterschieden. Stationäre Tiny Houses stehen fest auf einem Fundament und werden baurechtlich wie konventionelle Gebäude behandelt. Sie fallen unter die Gebäudeklasse 1 und müssen sämtliche baurechtliche Anforderungen erfüllen.
Mobile Tiny Houses hingegen werden je nach Konstruktion unterschiedlich eingeordnet:
- Als Fahrzeug: Wenn das Tiny House fest mit einem Hänger (Trailer) verbunden ist und eine Wohnwagenzulassung besitzt (Tiny House on Wheels – THoW).
- Als Ladung: Wenn das Haus werkzeuglos vom Hänger abnehmbar und transportierbar ist.
Diese Unterscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die geltenden Vorschriften. Während für Fahrzeuge primär die Straßenverkehrsordnung relevant ist, werden dauerhaft aufgestellte Tiny Houses – selbst wenn sie grundsätzlich mobil sind – als bauliche Anlagen eingestuft und unterliegen dem Baurecht.
Das mobile Tiny House braucht eine straßenverkehrstechnische Zulassung
Wer ein mobiles Tiny House von einem Ort zum anderen bewegen will, benötigt ist Deutschland eine straßenverkehrstechnische Zulassung. Eine solche stellt zum Beispiel der TÜV oder die DEKRA aus. In aller Regel wird das Tiny House als “Anhänger mit Sonderaufbau” eingeordnet, seltener als abnehmbare Ladung. Ohne die Zulassung darf ein mobiles Tiny House nicht auf öffentlichen Straßen transportiert werden! Eine Ausnahme existiert für den Transport auf einem LKW, was natürlich bedeutet, dass es den “verkehrsüblichen Maßen” entspricht (typischerweise 6-8 Meter Länge, etwa 2,55 Meter Breite und bis zu 4 Meter Höhe). Auch muss der Hersteller garantieren, dass das Haus statisch transportfähig ist.
Das ist aber noch nicht alles: Hat ein Tiny House die Zulassung für den Straßenverkehr, muss es für den Zeitraum, in dem es nicht bewohnt wird (z.B. im Winter), auf einer dafür ausgewiesenen Fläche abgestellt werden.
Rechtlich relevant: Wie wird das Tiny House genutzt?
Das zweite wichtige Kriterium für die rechtliche Einstufung eines Tiny Houses ist die geplante Nutzung:
- Dauerhaftes Wohnen: Soll das Tiny House als Hauptwohnsitz genutzt werden, gelten die strengsten Anforderungen. Es muss alle baurechtlichen Vorgaben für Wohngebäude erfüllen, selbst dann, wenn es technisch “mobil” ist.
- Ferien- oder Wochenendhaus: Für temporäre Nutzungen können in einigen Bundesländern erleichterte Vorschriften gelten, eine Baugenehmigung ist jedoch in der Regel trotzdem erforderlich.
- Mobile Nutzung: Bei tatsächlich mobiler Nutzung (regelmäßiger Standortwechsel!) können unter Umständen die Regelungen für Wohnwagen zur Anwendung kommen.
Dauerhaft wohnen im Tinyhaus? Es ist kompliziert…
Ob mobil oder stationär: ein Tiny House gilt in Deutschland als Gebäude und unterliegt damit denselben rechtlichen Rahmenbedingungen wie ein Einfamilienhaus. Wer also ein Tiny House auf ein Grundstück stellen möchte, braucht zunächst einen Bauplatz, der für die Wohnnutzung vorgesehen und entsprechend erschlossen ist (Strom, Wasser, Abwasser). Das bedeutet, dass es nicht einfach an einem schönen Ort auf eine Wiese gestellt werden darf, denn im sogenannten “Außenbereich” ist das Bauen von Wohnhäusern in aller Regel nicht erlaubt.
Für ein Tinyhouse im Innenbereich der Städte und Gemeinden braucht es sodann eine Baugenehmigung gemäß der Bauordnung des jeweiligen Bundeslandes. Zudem müssen lokale Bebauungspläne beachtet werden, ebenso die Brandschutzvorschriften und Nachbarschaftsrecht.
Eine zusätzliche Hürde sind die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mit verschärten Vorgaben an die Dämmung und verpflichtender Nutzung Erneuerbarer Energien, sofern im Tiny House dauerhaft gewohnt werden soll.
Alles in allem ist es nicht einfach, ein Tiny House als ersten Wohnsitz genehmigt zu bekommen. Immerhin gibt es mittlerweile Gemeinden, die spezielle Tiny-House Siedlungen planen oder bereits entsprechende Grundstücke anbieten (Die Seite “Wohnglück” bietet eine Liste mit aktuellen Angeboten).
Einfacher: Tiny House als Gartenhaus und auf dem Campingplatz

Wird ein Tiny House nicht als Hauptwohsitz, sondern nur gelegentlich für Wochenenden und Urlaube genutzt, ist es einfacher, einen genehmigungsfähigen Standplatz zu finden. Campingplätze haben den Bedarf erkannt und bieten Stellflächen zur Miete an, jedoch machen sie eigene Vorschriften bezüglich der Ausmaße (Länge, Breite, Höhe) der Häuser. Einige erlauben sogar die Dauernutzung, man sollte in jedem Fall genau nachfragen, was erlaubt ist und was nicht.
Auch sogenannte “Erholungsgrundstücke” (Wochenendsiedlungen) kommen in Frage, denn dort ist die Nutzung eines Ferienhauses erlaubt, immer eingeschränkt auf die gelegentliche Nutzung.
Besitzer eines Grundstücks mit eigenem Garten oder einer genügend großen Stellfläche können ebenfalls Glück haben und den Bau eines Tiny Houses als Gartenhaus genehmigt bekommen, sofern kein lokaler Bebauungsplan mit Vorgaben zu den Baukörpern dagegen spricht.
Detailliertere Informationen finden Sie in unserem Ratgeber zur Baugenehmigung für ein Gartenhaus.
Zusammenfassung zum Tiny House in Deutschland: Baubehörde kontakten!
Die Errichtung eines Tiny Houses in Deutschland ist grundsätzlich möglich, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und die Einhaltung zahlreicher baurechtlicher Vorschriften. In den meisten Fällen ist eine Baugenehmigung unumgänglich, insbesondere wenn das Tiny House als dauerhafter Wohnsitz genutzt werden soll.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich je nach Bundesland und örtlichen Gegebenheiten erheblich. Es ist daher ratsam, sich frühzeitig mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde in Verbindung zu setzen und fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen. Auch ohne die Absicht, dauerhaft im Tiny House zu wohnen, unterliegt das Minihaus verschiedenen Vorschriften, die Sie beim Bauamt Ihrer Gemeinde erfragen können.
Baugenehmigungen für Tiny Houses in Österreich
In Österreich gelten für Tiny Houses ähnliche Grundprinzipien wie in Deutschland, jedoch mit einigen spezifischen Unterschieden. Die Genehmigungspflicht hängt auch hier von der Art des Tiny Houses, seiner Nutzung und dem Standort ab. Wie in Deutschland wird auch in Österreich zwischen mobilen und stationären Tiny Houses unterschieden:
- Mobile Tiny Houses: Ein mobiles Tiny House auf Anhängern oder Wägen kann in Österreich zeitweise ohne Baugenehmigung abgestellt werden, solange es nicht dauerhaft genutzt wird. Sobald es jedoch länger an einem Standort verbleibt oder als Hauptwohnsitz genutzt werden soll, unterliegt es dem Baurecht.
- Stationäre Tiny Houses: Bei fest stehenden Tiny Houses handelt es sich um normale Wohngebäude, die von der Baubehörde genehmigt werden müssen. Hier gelten die vollständigen Bauvorschriften wie für konventionelle Häuser.
Die Möglichkeit, ein Tiny House in Österreich aufzustellen, hängt des weiteren stark von der Flächenwidmung ab. Geeignete Standorte sind:
- Bauland-Wohngebiet: Für feste Tiny Houses.
- Grünland Land- und Forstwirtschaft: Für mobile Tiny Houses, wenn mit dem Tiny House die Pflege und Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Fläche sichergestellt wird.
- Kleingartensiedlungen: Wenn das Grundstück als „Grünland-Kleingarten” deklariert ist, wobei die Vorschriften der Kleingartensiedlung gelten.
- Campingplätze: Mobile Tiny Houses dürfen auf Campingplätzen aufgestellt werden, wobei die Vorschriften des jeweiligen Campingplatzes gelten.
Auch in Österreich variieren die Bauvorschriften von Bundesland zu Bundesland, weshalb die jeweilige Landesgesetzgebung zu beachten ist. Auch hier sollte man vorab mit der jeweiligen Baubehörde Kontakt aufnehmen, um die Bedingungen und Voraussetzungen zu erfahren, die am geplanten Standort gelten.
Baugenehmigungen für Tiny Houses in der Schweiz
Auch in der Schweiz ist ein stationäres Tiny House grundsätzlich baugenehmigungspflichtig. Die Regelungen variieren je nach Kanton und Gemeinde, wobei die kommunale Bau- und Zonenordnung als Grundlage für die Bewilligung dient. Ein entscheidender Faktor für die Genehmigung eines Tiny Houses ist der Standort:
- Ein Tiny House mit Fundament muss zwingend in einer Wohnzone aufgestellt werden. Das Raumplanungsgesetz verbietet es, ein Tiny House außerhalb der Bauzone (etwa in der Landwirtschaftszone) aufzustellen
Auch im schweizer Baurecht wird zwischen mobilen und stationären Tiny Houses unterschieden:
- Stationäre Tiny Houses: Benötigen immer eine Baugenehmigung (also auch solche ohne klassisches Fundament und auch wenn sie auf Rädern stehen).
- Mobile Tiny Houses: Ein auf einem Anhänger errichtetes Minihaus fällt unter das Straßenverkehrsrecht. Für eine Zulassung dürfen Anhänger samt Aufbau maximal vier Meter hoch, 2,55 Meter breit und inklusive Trailer höchstens 3.500 Kilogramm schwer sein
Es gibt jedoch einige Ausnahmen von der Genehmigungspflicht:
- Campingplätze: Auf Campingplätzen ist das temporäre Aufstellen eines Tiny Houses erlaubt, wobei das Haus jederzeit mobil verschiebbar sein muss, auf einem Anhänger oder Rädern montiert sein sollte und 3,5 Tonnen Gewicht nicht überschreiten darf.
- Temporäre Nutzung: In einigen Kantonen gibt es zeitliche Begrenzungen – im Kanton Luzern ist ein grundsätzlich baubewilligungsfreies Tiny House nach höchstens einem Monat baubewilligungspflichtig, im Kanton Bern nach drei oder sechs Monaten.
Fazit: Die rechtliche Situation für Tiny Houses ist in der Schweiz aktuell noch komplex. Es fehlt eine etablierte Bewilligungspraxis speziell für diese Wohnform. Wer in der Schweiz ein Tiny House errichten möchte, sollte sich daher unbedingt vorab bei der zuständigen Gemeinde und dem Kanton über die spezifischen Anforderungen informieren.
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Hinweis: Alle Angaben in diesem Artikel haben wir für Sie am 18.3.25 recherchiert. Es handelt sich jedoch nicht um eine Rechtsberatung! Sämtliche Vorschriften können sich jederzeit ändern bzw. im Einzelfall von lokalen Behörden anders gehandhabt werden.
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